Zu früh gefreut ! Heute morgen noch dachte ich es wäre zu leicht. Ich sollte meine Sehnsucht einfach akzeptieren und schon läufts wieder wie gewohnt. Heute abend stelle ich aber fest, daß das Akzeptieren garnicht so einfach ist wenn sich die Gedanken wie auf einem Karussel drehen. Wenn ich auf den Augenblick warte um abzuspringen. Stattdessen formen sich Bilder - ein Bild zum Beispiel daß sie unerwartet um die Ecke kommt und für mich das Karussel anhält. Aber das wird sie nicht - genausowenig wie es jemals irgendwer für mich getan hat. Es tröstet ein wenig daß ich nicht der einzige auf der Welt bin, dem es so ergeht.
Ich möchte meine Gefühle aber auch nicht abwürgen, nicht unterdrücken, möchte nicht zu einem gefühlskalten, nur funktionierenden Menschen werden. Und natürlich möchte ich auch verhindern daß ich davon wie in einem Strudel heruntergezogen werde. Wähle ich jetzt wie so oft den Tristate-Zustand, weder high noch low - und warte ab was passiert ? Treibe ich dann weiterhin in dieser Leere ? Gebe ich damit nicht einfach nur die Verantwortung an das Schicksal ab ? Vielleicht wäre es aber auch der einzige Fehler in meinem Leben, wenn ich mich jetzt dazu entschließen würde den Kontakt abzubrechen ?
Die Anzahl der Fragezeichen auf den letzten Seiten ist schon ein ganz guter Indikator dafür wie unsicher ich mir momentan - mit allem - bin. Weil es nicht nur rhetorische Fragen sind. Im Nachhinein, mit etwas Abstand sind sie es vielleicht. Ich möchte die Zeit vorspulen, oder zurrückspulen wie in einem Film. Endlich ans Ende kommen - und natürlich möchte ich ein happy End !
Alexander S. - 20. Jan, 22:22
Wie bekomme ich nur diese dunkelrosarote Brille wieder ab ? Die habe ich mir doch garnicht ausgesucht !
Auf dem Weg rund um die Stadt ist mir eine Strategie dazu eingefallen. Wenn schon nicht abbrechen, dann kann ich diese Phase doch zumindest beschleunigen und dabei voll auskosten. Auskosten ? Um mich von dieser manchmal wirklich qualvollen Sehnsucht zu befreien hat es keinen Sinn diese einfach zu verdrängen. Mir bleibt nichts anderes übrig als den Herzschmerz wirklich zu verarbeiten. Als erstes hatte ich mich gefragt was wohl die erwachsene Art wäre sich mit Liebeskummer zu beschäftigen. Ein paar Möglichkeiten sind mir dazu eingefallen, aber Wege die mit ziemlicher Sicherheit dazu führen, daß irgendwann wieder alles hochkommt. So wie jetzt zum Beispiel. Man könnte sich zum Beispiel in die Arbeit stürzen, soviel Termine wie möglich machen um garnicht erst auf die Idee kommen zu können darüber nachzudenken. Man könnte sich in die nächstbeste Beziehung stürzen, auch das, um erst garnicht darüber nachdenken zu müssen wie es früher war. Man könnte einer Sucht verfallen - einer beliebigen vielleicht. Eine Sucht die das Gehirn dazu bringt abzuschalten und so viel Zeit wie möglich damit totzuschlagen. Aber das alles würde nicht von Dauer sein. Dieses Mal möchte ich es besser machen, vernünftiger, geplant, erwachsener eben. An mir selbst habe ich gemerkt daß ich schon relativ gut meine Gedanken im Griff habe. Wenn ich merke daß ich mich mit etwas zu intensiv beschäftige, dann kann ich das bremsen. Aber wenns um Gefühle geht, so reicht einfaches bremsen einfach nicht. Im Gegenteil - es wird dadurch noch schlimmer, so als hätten diese dann erst Recht Gelegenheit sich voll zu entfalten. Daher bin ich für mich zu der Erkenntnis gekommen daß ich da jetzt durch muß, wenn ich wieder frei sein will. Wenn ich mich nicht von meinen Gefühlen fernsteuern lassen möchte, dann muß ich das komplette Programm durchmachen - so wie es für das menschliche Gehirn wohl vorbestimmt sein muß, wer auch immer sich das so ausgedacht hat. Wenn ich kein Programmheft finde, dann muß ich mich halt mühsam selbst hindurchkämpfen.
Das hört sich schon ein bischen nach Arbeit an. Nun ist es aber so, daß ich mich gerne vor unnötiger Arbeit drücke, wie mach ich es also am besten ? Bestandsaufnahme ? Oder kommt die Bestandsaufnahme am Schluß ? Wie sollte denn mein Ziel aussehen ? Ich glaube genau hier liegt das Problem - ich kann mir das Ziel nicht vorstellen. Ein vernünftiges Ziel wäre es, wenn ich mich für J. freuen könnte, egal mit wem sie auch zusammen ist, solange sie glücklich wird. Ich möchte so frei sein, daß sich nach einem Treffen mit ihr, meine Gedanken nicht zwei Tage lang mit ihr beschäftigen. Ich möchte so frei sein, daß ich ihr sagen kann was ich denke und wie ich für sie empfinde, und nichts verschweigen nur aus der Angst heraus sie könnte danach auf Distanz gehen. Nunja, den letzten Punkt werde ich mir vermutlich dann doch verkneifen..
Alexander S. - 19. Jan, 22:56
Ich weiß nicht, ob das gestern eine gute Idee war, J. zu besuchen. Wir sind bei ihr zuhause geblieben und haben uns, nachdem ich von meiner Trennung von S. erzählt habe, alte Fotos aus unserer Zeit angesehen. Wir haben beide von den alten Zeiten geschwärmt und ich habe jede Sekunde genossen. Und dann ist mir heute morgen auf dem Weg zu Arbeit wieder eine Szene von gestern Abend eingefallen - wir standen zusammen am Aquarium und hielten, scheinbar, nach dem Kampffisch Ausschau. Wir standen nur da, unsere Köpfe dicht beieinander um den gleichen Blickwinkel zu haben, und ich fühlte mich in eine andere Welt versetzt. Es war so ein Moment den ich für immer hätte festhalten wollen. Kein Gefühl daß sie etwas von mir erwartet, kein Warten auf die nächsten gesprochenen Worte, kein Bedürfnis irgendetwas zu tun. Einfach nur sein - in ihrer Nähe. Es sollte nichts, und es ist auch nichts passiert. So unglaublich spektakulär kann nichts tun, nichts denken, nichts reden - sein.
Nun muß ich schon den ganzen Tag an sie denken - obwohl ich genau weiß daß sie jetzt endlich nach Jahren mit ihrem Freund zusammenziehen möchte. Ich habe ihr angeboten daß sie mich auch mal besucht - sollte sie sich plötzlich, nur weil ich nicht mehr mit S. zusammen bin, mehr für mich interessieren ? Wären nicht alle diese Umstände - ich würde behaupten ich hätte mich verknallt. Aber damit, mich darauf einzulassen, tue ich mir keinen Gefallen, diese Art von Liebeskummer kenne ich zu genüge..
Alexander S. - 19. Jan, 20:47